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Höchstes Gut - die Trinkwasserversorgung der Stadt Erlangen

Der Grund- und Trinkwasserschutz hat im Bereich der Schleuse Erlangen eine ganz besondere Priorität. Denn die Schleuse und die geplante Baumaßnahme liegen innerhalb des Wasserschutzgebiets Erlangen-Möhrendorf-Bubenreuth, aus dem Erlangen keinen unbedeutenden Teil seiner Trinkwasserversorgung bezieht.

Die über 30 Meter tiefe Baugrube liegt zur Hälfte im Grundwasser. Bei der Herstellung der Baugrube und der Vorhäfen und bei den späteren Baumaßnahmen könnten unbeabsichtigt Schadstoffe ins Grundwasser dringen.

Frühwarnsystem und Abwehrmaßnahmen

Um die Qualität des Grund- und Trinkwassers während des Baus der neuen Schleuse sicherzustellen, wurden im Frühjahr 2017 neue Grundwassermessstellen sowie Schutzbrunnen im Bereich der Schleuse Erlangen eingerichtet.

Die 26 zusätzlichen neuen Grundwassermessstellen reagieren feinfühlig auf jede Veränderung der Wasserstände. Auch lassen sich über Probeentnahmen potenzielle Schadstoffe im Grundwasser schnell nachweisen. So können Gegenmaßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden.

Bei allen Arbeiten, die einen direkten Einfluss auf das Grundwasser haben, sind die 14 Schutzbrunnen, die sog. Abwehrbrunnen, dauerhaft in Betrieb, um potenzielle Schadstoffe aus dem Grundwasser im Baustellenbereich direkt abzufangen und so zu verhindern, dass sie in die Trinkwasserbrunnen gelangen.

Ersatzwasservorsorge

Trinkwasserschutz allein reicht nicht – das Trinkwasser muss auch zu jedem Zeitpunkt in ausreichenden Mengen für die Versorgung der Stadt Erlangen zur Verfügung stehen, also auch für den Fall der Fälle, dass sehr viele Trinkwasserbrunnen im gesamten Schleusenbereich vorübergehend außer Betrieb genommen werden müssten. Entsprechend sieht der Planfeststellungsbeschluss für den Ersatzneubau der Schleuse vor, dass über eine externe Ersatzwasserversorgung insgesamt 113 l/s Wasser im Spitzenbedarfsfall bereitzustellen sind. Das sind fast 9 Millionen Liter pro Tag, mit denen ca. 70.000 Personen mit Wasser versorgt werden können.

Anfang Juni 2023 wurde dann zwischen den drei Vertragspartnern, der „Fernwasserversorgung Oberfranken (FWO)" als Ersatzwasserlieferanten, den „Stadtwerken Erlangen (ESTW)" und dem „Wasserstraßen-Neubauamt Aschaffenburg (WNA)“ ein Vertrag geschlossen, der die Ersatzwasserversorgung während der Bauzeit sicherstellt.

Vertrag Notfallversorgung Trinkwasser von li. nach re: Markus Rauh, Verbandsdirektor Fernwasserversorgung Oberfranken, Mattias Exner, Vorstand Erlanger Stadtwerke, Mareike Bodsch, Amtsleiterin WNA und Frank Oneseit, Vorstand Erlanger Stadtwerke

Im Vorfeld der Vertragsabschlüsse galt es, eine Vielzahl von Randbedingungen zu prüfen. So musste der Zweitversorger „Fernwasserversorgung Oberfranken (FWO)" zunächst prüfen, ob das eigene Versorgungsnetz mit seinen Anlagen den höheren Fördermengen standhält und zu keiner kürzeren Lebensdauer seiner Bauwerke führt. Genehmigungsrechtliche Fragen mussten geklärt, bauliche Vorbereitungen getroffen werden. So musste eine ca. 800 Meter lange Wasserleitung verlegt werden. Auch ist eine Druckerhöhungsstation nötig, um das Wasser in das Netz der ESTW einzuspeisen. Last but not least mussten finanzielle Regelungen zur Verwendung des Ersatzwassers durch die ESTW getroffen werden, da dieses Wasser den Stadtwerken in bestimmtem Umfang auch ohne einen durch den Schleusenneubau verursachten Schadensfall zur Verfügung steht.

Um die im Planfeststellungsbeschluss geforderten 113 Liter Ersatzwasser pro Sekunde gewährleisten zu können, wurden 2018 und 2019 drei zusätzliche eigene Trinkwasserbrunnen gebaut. Beim wasserrechtlich geforderten Zulassungstest, einem Pumpversuch, den die Stadtwerke Erlangen im Oktober 2020 durchführten, belegten die neuen Brunnen eindrucksvoll, dass sie sowohl von der Menge als auch von der Trinkwasserqualität den Anforderungen des Planfeststellungsbeschlusses in vollem Umfang entsprechen.

Wirkung Schutzbrunnen im Schleusenbereich Wirkung Schutzbrunnen im Schleusenbereich

Darstellung Wirkung Schutzbrunnen: Partikel (Schadstoffe) aus der Baugrube werden zuverlässig von den Schutzbrunnen SB1a/b bis SB 7a/b abgefangen und können nicht zu den Brunnen der Trinkwassergewinnung rb01 und fb02 bis fb04 strömen.

Großpumpversuch 2018

Um die Leistungsfähigkeit dieses Systems und die Schutzwirkung der "Abwehrbrunnen" zu testen, führte das Wasserstraßen-Neubauamt Aschaffenburg im Oktober 2018 einen Großpumpversuch mit verschiedenen Entnahmeszenarien durch. Dabei wurden unterschiedliche Brunnengruppen allein oder im Verbund an- und abgeschaltet. Die Entnahmemenge betrug maximal 37,5 m3 pro Stunde, also ungefähr 900 m3 pro Tag. Insgesamt wurden in den drei Wochen ca. 15.000 m3 Wasser gefördert und über ein provisorisches Leitungssystem in den Kanal abgeleitet.

Abwehrbrunnen

Großpumpversuch

Schutzbrunnen zur Qualitätssicherung des Grundwassers - Absetzcontainer zum Absetzen von Schwebstoffen

Die Tests waren erfolgreich: Die Kapazität der Schutzbrunnen reicht aus, die Strömungsrichtung des Grundwassers, weg von den Trinkwasserbrunnen hin zu den Schutzbrunnen, umzukehren. Damit kann im Notfall verhindert werden, dass etwaige Schadstoffe aus den Baustellenaktivitäten in die Trinkwasserbrunnen gelangen. Auch der Ausfall einzelner Schutzbrunnenstandorte lässt sich durch eine Erhöhung der Fördermenge der benachbarten Schutzbrunnen kompensieren. Die unterschiedlichen Szenarien des Pumpversuchs lieferten darüber hinaus wichtige Erkenntnisse für die Schutzbrunnensteuerung im Ernstfall. Natürlich waren die Stadtwerke Erlangen, die die Trinkwasserbrunnen nutzen, in die Versuchsanordnung, Durchführung und Auswertung eingebunden.

Weitere Sicherungsmaßnahmen während der Bauzeit

Parallel zu den hier beschriebenen präventiven Maßnahmen werden während der Bauzeit an der Schleuse Erlangen weitere begleitende Sicherungsmaßnahmen durchgeführt.
Dazu gehören u.a.:

  • die Abdichtung der Zufahrten, Lager- und Arbeitsflächen, um zu verhindern, dass Schadstoffe in die trinkwasserführenden Schichten gelangen,
  • die logistische Gestaltung der Zufahrten und Arbeitsflächen, um das Risikopotenzial für Unfälle zu verringern
  • sowie die Vorgaben für das zuständige Bauunternehmen im Hinblick auf die Verwendung von wassergefährdenden Stoffen.

Die Kosten aller hier beschriebenen Schutz- und Präventionsmaßnahmen, insbesondere auch die Kosten für das Ersatzwasser und die baulichen Maßnahmen, wurden vom WNA übernommen und sind für die Stadt Erlangen und ihre Wasserwerke kostenneutral.

Aber: Bei den riesigen Dimensionen der zukünftigen Schleusen-Neubaustelle und dem zum Einsatz kommenden schweren Gerät können Verschmutzungen und Wasserstandsveränderungen nicht komplett ausgeschlossen werden. Um im Schadensfall diese Einwirkungen von den natürlichen witterungs- und jahreszeitlichen Schwankungen, die schon jetzt vorhanden sind, unterscheiden und quantifizieren zu können, werden schon seit 2017 die Grundwasserstände im Umfeld der Schleuse gemessen. In Erlangen sind es 18 Messstellen.

Das Gleiche gilt für die chemische Beweissicherung. Seit Herbst 2019 werden in Erlangen 37 Messtellen laufend kontrolliert. Dabei wird festgestellt, ob und welche Schadstoffe bereits vorhanden sind und welche Schwankungen wann auftreten. Untersucht werden über 30 Parameter - unter anderem die für den Menschen schädlichen organischen PAK- (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) und BTEX-Verbindungen (leichtflüchtige aromatische Kohlenwasserstoffe) sowie Schwermetalle.

Grund- und Trinkwasser sind ein hohes Gut. Bei ihrem Schutz arbeiten die Erlanger Stadtwerke und das WNA eng zusammen.

Lesen Sie dazu auch das Interview mit Sigrid Kowol-Wagner von den Erlanger Stadtwerken.

Hier geht's zum Interview mit der Projektleiterin für den Neubau der Schleuse Erlangen, Dipl.-Ing. Natascha Engels, zum Trinkwasserschutz